Neustart für die DISSONANCE
Ein Artikel des Tages-Anzeigers vom 7. September 2010
Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, die neue «Dissonance» biedert sich nicht an. Der Anspruch der Schweizer Musikzeitschrift, die 1984 als «Dissonanz» gegründet worden war, ist nach wie vor hoch. Man setzt auf einen kritischen Ansatz, auf vertiefende Analysen, und man traut dem Publikum einiges zu. Musik-PR klingt anders, und das ist gut so.
Anlass für den Relaunch war die Idee (oder die Notwendigkeit), der Zeitschrift eine breitere Basis zu geben. Bisher war sie vom Schweizerischen Tonkünstlerverein herausgegeben worden – eine zum Teil schwierige Konstellation, zumal sich die «Dissonanz» nie nur als Werbeorgan für die Schweizer Komponisten verstand.
Nun sind die Musikhochschulen als Träger dazugekommen, und man erhofft sich eine Win-win-Situation davon: Die Musikstudierenden bekommen ein Forum, in dem sie ihre Forschungsarbeiten mit dem Etikett «peer reviewed» veröffentlichen können; und die «Dissonance» kann auf ein grösseres Textreservoir zurückgreifen.
Dass die Themen dadurch breiter werden, lässt sich bereits jetzt feststellen. Zwar liegt der Schwerpunkt nach wie vor auf der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, bei den Kritiken wie bei den Essays. Aber man findet in den bisherigen zwei Nummern seit dem Neustart auch instrumentaltechnische Beiträge (über Mundstücke bei Blechblasinstrumenten) oder aufführungspraktische (über die Zusammenhänge zwischen der ungleichstufigen Stimmung und Schuberts Musik) oder historische (über das romantische Gitarrenlied der Bodenseeregion).
Ein wenig dicker als früher ist das Heft, das allerdings wie bisher vier Mal jährlich erscheint. Das Layout ist grosszügig geblieben, aber dezent farbig geworden. Und die englischen Abstracts machen klar, dass man durchaus auch auf ein internationales Publikum für die «Dissonance» hofft.