Aleph Gitarrenquartett
Werke von Georg Friedrich Haas, Beat Furrer, Manuel Hidalgo, Helmut Oehring, Markus Hechtle
Andrés Hernández Alba, José Javier Navarro Lucas, Wolfgang Sehringer, Tillmann Reinbeck (Gitarren); Petra Hofmann (Sopran), Ernesto Molinari (Klarinette)
NEOS 11208
Georg Friedrich Haas ist ein grossartiger Komponist. Eindrücklich unter Beweis gestellt hat er es nicht nur mit seinen 2010 in Donaueschingen uraufgeführten limited approximations. Anschauungsmaterial für seine hohe Kunst im Umgang mit Mikrotönen und des organischen Auf- und Abschwellens gibt es aber schon vorher, etwa in seinem 2007 entstandenen Quartett für vier Gitarren. Der nüchterne Titel ist Programm. Sehr rein, ja fast aseptisch klingt das 14-minütige Werk. Oft lässt Haas auf leeren Saiten spielen, die den «schnellen Tod» von Gitarrentönen sterben. Natürlich sind die Saiten umgestimmt, Quarten und Quinten rein intoniert. Laut Haas verlange dies «aus ästhetischen Gründen nach einer Trübung». Sie entsteht in Form von kleinen, zwölfteltönigen Umstimmungen der zweiten und dritten Gitarre.
Haas’ frappierend sichere Handhabe der Gitarren mitsamt ihrer diversen Spieltechniken ist spektakulär. Aber auch die anderen Komponisten auf dieser CD, Beat Furrer, Manuel Hidalgo, Helmut Oehring und Markus Hechtle, nähern sich dem Instrument mit Phantasie. An Leo Brouwer, jenen kubanischen Maestro, der das Klischee des «auch komponierenden Gitarristen» glücklicherweise nicht in der Art eines Mauro Giuliani oder Fernando Sor verkörpert, erinnert Hidalgos im Jahr 2000 entstandenes Stück (Kampftanz) für Gitarrenquartett. Perkussiv, gesättigt mit Schlägen auf den Gitarrenkorpus, Rasgueados und Bartók-Pizzicati ist das komprimierte Werk angelegt. Erreicht (Kampftanz) nicht die Kunsthöhe des Haas’schen Quartetts, so besticht es doch durch südamerikanische Vitalität ohne billige Melancholie.
Spass macht die gesamte CD des 1993 gegründeten Aleph Gitarrenquartetts. Dies ist den Komponisten zu verdanken – einzig Beat Furrers fragmentos de un libro futuro fällt durch seinen verkrampft bemühten Gestus etwas ab –, aber auch die grandiose Produktionsleistung des SWR trägt ihren Teil dazu bei. Ungeheuer räumlich klingen die Einspielungen. Deutlich sind die Instrumente zu lokalisieren, mit sicherem Mass wurden sie mikrophoniert. An keiner Stelle verflüchtigt sich der Klang, an keiner Stelle klingt es zu aufdringlich oder zu trockenanalytisch. Zum insgesamt positiven Eindruck trägt das Quartett wesentlich bei. Zur guten Kompilation verschiedener Stücke gesellen sich eine stupende Musikalität und überzeugende Annäherungen an jedes der fünf Werke. Aleph agiert weitestgehend selbstständig; durch Hilfe der Pro Helvetia oder der Ernst von Siemens Musikstiftung kann das Quartett eigene Kompositionsaufträge vergeben. Ein «Prosit» auf diese CD: mögen noch viele Werke entstehen für diese hoch interessante Besetzung und diese grossartigen und phantasievollen Musiker!