Vor Indien im Meer
Multiple Materialprovenienzen in der Musik von Stefan Wirth
© Priska Ketterer / Lucerne Festival
Le cru et le cuit für Klavier und Ensemble (2010)
Aufnahme (mp3, 10.0 mb) vom 15. Sept. 2010 in Zürich, Tonhalle mit dem Collegium Novum Zürich, Stefan Wirth (Klavier), Michael Wendeberg (Leitung).Partitur (pdf, 1.6 mb)
Aufnahme (mp3, 9.7 mb) vom 1. Juli 2009 in München, Hofkirche zu Allerheiligen mit SingerPur, Münchner Kammerorchester, Jonathan Stockhammer (Leitung).
Partitur (pdf, 1.0 mb)
Werkverzeichnis Stefan Wirth (Stand Dezember 2010)
Genaue Arbeit am Detail und weit ausgreifende Interessen können sich leicht gegenseitig gefährden. Bei dem 1975 in Zürich geborenen Komponisten Stefan Wirth gehen sie aber ineinander über: Mikroskopisch kleine Strukturen fügen sich zu einem Ganzen, das seinen Charakter immer neuen und anderen Sphären verdankt, die der Komponist im Laufe seines Lebens entdeckt hat. Bevor einige kurze Analysen einen Begriff von der Vielfalt der angewandten Techniken vermitteln sollen, sei deshalb ein Blick auf Stefan Wirths Biographie geworfen, mit dem schon einige Aspekte seiner Persönlichkeit erhellt werden können.
Im Gymnasium lernte er die alten Sprachen Griechisch und Latein und freute sich am kulturellen Gewinn, den sie vermittelten. Später interessierte er sich in gleicher Weise für seine Ausbildung zum Pianisten wie zum Komponisten. In Zürich studierte er sein Instrument bei Hadassa Schwimmer und dem Liedbegleiter Irwin Gage und setzte dann seine Lehrjahre am New England Conservatory in Boston und an der Indiana University in Bloomington bei Leonard Hokanson fort, wo er 2001 den Titel eines «Master of Music» erlangte. Parallel dazu vervollkommnete er seine Kenntnisse im Gebiet der Komposition in Boston bei Michael Gandolfi und in Bloomington bei P. Q. Phan, bevor er, mit der Leonard Bernstein Fellowship versehen, an den Tanglewood Sommerkursen mit George Benjamin arbeitete und anschliessend an der Britten-Pears School in Aldeburgh auf Oliver Knussen und Colin Matthews traf. Mit reichen Erfahrungen für sein Metier als Pianist und Komponist versehen ist Wirth heute festes Mitglied des Collegium Novum Zürich, konzertiert in vielen Ländern – und schreibt zeitgleich zur Entstehung dieses Artikels an einem Stück für Klavier und Ensemble, dessen Uraufführung am Lucerne Festival 2010 als weiterer Beleg für Wirths Doppelbegabung auf dem Klavier und in der musikalischen Erfindung gelten darf.1
Anhand von drei näher erläuterten Kompositionen sei versucht, wesentliche Elemente von Wirths Musik analytisch zu beschreiben, wobei nicht chronologisch vorgegangen werden soll, sondern vom Einfacheren zum Komplizierten fortschreitend. Zuerst einige Worte und zwei Notenbeispiele zu den 5 Etüden für Klavier von 2007: Sie zeigen einen Autor im Besitz verschiedener Kompositionstechniken und einen hochdifferenzierten Pianisten. Etüde 1 beginnt mit einem dreistimmigen Satz, der «legato» und «intenso, quasi senza pedale» gespielt werden soll. Die strikte Beschränkung auf drei Stimmen und die Absenz des Pedals, das wahrscheinlich, wenn nötig, nur zum Binden gebraucht werden soll, erinnern an Johann Sebastian Bach oder, der Gegenwart näher, an Arnold Schönbergs Drei Klavierstücke op. 11, in denen ebenfalls ein kantables Spiel ohne üppige Pedalwirkung gefordert wird. Bei näherer Betrachtung fällt eine Dominanz von Quarten und Quinten auf, welche in den dreifach verlaufenden Melodiebögen nahezu vollständige diatonische Abschnitte ergeben, die sich aber, zusammen betrachtet, schon in den beiden ersten Takten zum chromatischen Total runden.
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Die vollständige Version dieses Artikels ist in der DISSONANCE 112 erschienen.
WERKVERZEICHNIS Stand Dezember 2010
2003 |
Inde per immensum für Oboe und Klavier UA 7. Oktober 2003, Matthias Arter (Ob.), Stefan Wirth (Klv.)
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2004-07 |
5 Etüden für Klavier solo UA 4. Dezember 2007, Stefan Wirth (Klv.)
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2006 |
GLiM für Violine, Cello und Klavier UA 26. September 2006, Susanne Mathé (Vl.), David Reitz (Vc.), Stefan Wirth (Klv.)
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2007 |
Merlin für 3 Sänger, 6 Sprecher und 2 Klaviere UA 5. Juni 2009, Collegium Novum Zürich, Michael Wendeberg (Ltg.)
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2008 |
Bläseroktett für 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Hörner und 2 Fagotte UA 15. März 2008, Octomania
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Vitruvius Teutsch für Flöte (Piccolo), Oboe, Klavier, Violine, Viola, Violoncello und Klavier UA 9. Juni 2008, Ensemble ö, Francesc Prat (Ltg.)
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Konjunktionen für Violine und Klavier UA 15. Januar 2008, David Sonton (Vl), Stefan Wirth (Klv.)
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2005-08 |
Yhôll/Gennff für 2 Flöten (Piccolo, Alt-, Bassflöte), Altsaxophon, Klavier und grosses Ensemble (0/1/2(1.alt. Es-Klar, 2.alt. Kontrabassklar.)/1 1/1/1/0 , Hrf., 2 Perc., 2/0/2/2/1) UA 3. Dezember 2008, Collegium Novum Zürich, Matthias Kuhn (Ltg.)
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2009 |
Nihtes Blôz für Vokalensemble (STTTBarBs.) und Streichorchester (6/5/4/3/1) UA 1. Juli 2009, SingerPur, Münchner Kammerorchester, Jonathan Stockhammer (Ltg.)
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2010 |
von Enden fern für Sopran, Oboe, Violoncello, Klavier und Orchester (2/2/2/2, 2/2/1/0, Hrf., 2 Perc., Streicher) UA 8. April 2010, Ensemble Aequator, Georgian National Symphony Orchestra, Ruben Asatryan (Ltg.)
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Le cru et le cuit für Klavier und Ensemble (1/1/1/1, 1/1/0/0, 2 Perc., 2/2/1/1/1) UA 11. September 2010, Stefan Wirth (Klv.), Collegium Novum Zürich, Michael Wendeberg (Ltg.)
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2010 |
Standards für 2 Klaviere und 2 Schlagzeuger UA 6. Dezember 2010, Ensemble Makrokosmos
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